Kandidaten-Kolumne von Andreas Hahn
Am 08. März ist Weltfrauentag[1]. Er steht für die noch immer andauernden Bemühungen zur Gleichstellung der Frauen in unserer Gesellschaft. Ein guter Anlass, einen Blick auf den aktuellen Stand der Gleichstellung zu werfen.
Auf dem Papier ist die Gleichstellung schon lange vollzogen, doch bis ein Jahrtausende altes Rollenverständnis auch aus den Köpfen der Menschen verschwindet, braucht es leider Zeit. Und die richtigen Ansätze.
Schnell ist man hier bei der Forderungen nach einer Frauenquote. Dafür spricht, dass mit ihr die Gleichstellung faktisch – in Zahlen – vollzogen wäre. Dagegen spricht, dass es eben nur faktisch ist – Frauen, die aus Quotengründen eine Position eingenommen haben, werden sich gegen die Stigmatisierung als „Quotentussi“ wehren müssen. Diese auf mehreren Ebenen sexistische Unterstellung wird fast immer völlig ungerechtfertigt sein, denn in Qualifikation und Bildungsniveau stehen Frauen den Männern in nichts nach[2]. Doch alleine, dass der Vorwurf kommt, ist ein nicht zu unterschätzendes Problem.
Wenn wir das System hinter Berufsleben und Karriere betrachten, erkennt man schnell, dass dieses auf die traditionellen Lebensbiographien von Männern ausgelegt ist. Ein Stichwort hierbei ist der Karrierebruch[3], welcher in den unternehmenskulturellen Rahmenbedingungen begründet ist. Diese sind nach wie vor stark androkratisch geprägt und schreiben weiblichen Führungskräften weniger erfolgsentscheidende Kompetenzen zu. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird dort hauptsächlich als ein Problem von Frauen gesehen. Dies hindert auch Männer daran, sich stärker familienorientiert zu geben und so aktiv mit dem tradierten Rollenverständnis zu brechen.
Diese Sichtweisen machen sich ebenfalls in den Gehältern bemerkbar. Der prozentuale Unterschied im durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Frauen und Männern (Gender Pay Gap) liegt in Baden-Württemberg bei 27% und ist damit Spitzenreiter im Bundesvergleich[4]. Auffällig ist, dass dieser in den neuen Bundesländern weit weniger ausgeprägt ist und dort durchweg unter 10% liegt, was mit der gesellschaftlich nachwirkenden Gleichstellungspolitik im Sozialismus begründet werden kann. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Gegenüberstellung der Familienernährer im Ost-West-Vergleich[5]: Der Mann ist hier mit 36,1% Ost und mit 55,2% West alleiniger Ernährer.
Dieses Exzerpt zeigt, dass eine Gleichstellung in unserer Gesellschaft leider immer noch nicht gegeben ist und antiquierte Denkmuster unser Verhalten nach wie vor prägen. Genau hier gilt es anzusetzen, und zwar nicht mit dem Dampfhammer sondern mit konsequenter und unnachlässiger Aufklärung. Selbstverständlich sind weitere unterstützende Maßnahmen notwendig, insbesondere im Bereich der Kinderbetreuung – wobei sich eine KiTa-Förderung zu 48% selbst refinanziert[6]. Eine gesetzlich festgelegte Quote halte ich für den falschen Weg. Mein persönlicher Favorit wäre bei Besetzung von Positionen eine Bevorzugung des in Minderheit vertretenen Geschlechts bei gleicher Qualifikation. Wichtig ist hierbei, dass im Konfliktfall die Beweislast nicht bei der Person liegt, die sich bewirbt – vergleichbar zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz[7].
Und zum Schluss noch eine Prise Zynismus: In meinen Augen ist die Gleichstellung erst dann vollzogen, wenn auch schlecht qualifizierte Frauen in hohen Führungspositionen angekommen sind und mit hohen Abfindungen von dort entfernt werden.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Frauentag
[2] http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/2.-Atlas-zur-Gleichstellung-in-Deutschland,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf#page=50
[3] http://publica.fraunhofer.de/eprints/urn:nbn:de:0011-n-2171498.pdf
[4] http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/2.-Atlas-zur-Gleichstellung-in-Deutschland,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf#page=70
[5] http://www.familienernaehrerin.de/w/gfx/orig/infografiken/zeitvergleich_mit_zahlen.png
[6] http://www.andreashahn.info/2013/02/papa-hilfst-du-mir-mal-der-papa-hat-keine-zeit-moderne-familienpolitik-statt-vater-mutter-kind-dogmatik
[7] http://www.gesetze-im-internet.de/agg/__22.html